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„Er hat mal wieder sein Zipperlein …“ Krankheit der Könige oder der Reichen nannte der Volksmund früher die Gicht. Denn nur wer genug Geld hatte, konnte sich eine üppige Ernährung leisten, in der Fleisch und Alkohol eine Rolle spielten. Heute zählt Gicht neben Diabetes zu den häufigsten Wohlstandskrankheiten; in Deutschland leiden laut Ärzteblatt ein bis zwei Prozent der Erwachsenen daran. Wie es dazu kommt und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie hier.

Was ist Gicht?

Gicht ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der sich im Blut zu viel Harnsäure ansammelt. Harnsäure entsteht beim Abbau sogenannter Purine. Diese wiederum sind Baustein für viele wichtige Substanzen im Körper, beispielsweise als Teile des Zellkerns. Der größte Teil der Harnsäure wird über die Niere ausgeschieden.

Ab einer bestimmten Konzentration kann sich die Harnsäure im Blut nicht mehr lösen; stattdessen lagert sie sich in Form von Kristallen an verschiedenen Stellen im Körper ab, vor allem in Gelenken und Sehnen, aber auch in Schleimbeuteln und inneren Organen wie den Nieren.

Wie entsteht Gicht?

Ausgelöst wird die Gicht durch zu viel Harnsäure im Blut, der sogenannten  „Hyperurikämie“ (hyper = zu viel, uri = Harn, ämie  = im Blut). Dafür gibt es zwei Ursachen: Entweder bildet der Körper zu viel Harnsäure oder er baut zu wenig ab – in beiden Fällen ist das Gleichgewicht im Stoffwechsel gestört. Die überschüssige Harnsäure kristallisiert aus und lagert sich im Körper ab. Das führt zu schmerzhaften Entzündungen und später zu dauerhaften Veränderungen von Gelenken oder Organen.

Die häufigste Form ist die erblich bedingte primäre Gicht. Dabei scheidet der Körper meistens zu wenig Harnsäure aus. Die seltenere sekundäre Gicht entsteht durch eine andere Grunderkrankung, zum Beispiel einem Nierenschaden, einem Tumor oder einem nicht behandelten Diabetes. Auch bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Gicht auslösen.

Zu viel Harnsäure

Die Gicht wird im Fachjargon auch als Arthritis urica bezeichnet. Darin stecken sowohl das griechische Wort arthron für Gelenk, die Endung -itis für eine Entzündung sowie der Begriff urica für Urat oder Harnsäure – sprich: eine Entzündung durch zu viel Harnsäure im Gelenk.

Wie merke ich das?

Einen erhöhten Harnsäurewert im Blut bemerken Sie zunächst gar nicht; er lässt sich nur durch eine Blutuntersuchung feststellen. Sie können jahrelang ohne Beschwerden leben. Erst wenn eine kritische Konzentration überschritten wird, sich die Kristalle im Gelenk oder einem Organ ablagern und sich infolgedessen das Gelenk entzündet, wird die Krankheit für Sie sicht- und spürbar.

Zunächst kommt es dann zu einem akuten Gichtanfall: meist in der Nacht, nach einer üppigen Mahlzeit oder übermäßigem Alkoholgenuss: Das Grundgelenk der großen Zehe schwillt an, wird rot, heiß und schmerzhaft bei Berührung – medizinisch nennt man das „Podagra“. Betroffen können bei einem akuten Gichtanfall aber auch die Grundgelenke von Knie, Fuß (Sprunggelenk) oder Daumen sein. Die Beschwerden klingen nach ein bis zwei Wochen ab. In der Regel ist man dann eine Weile beschwerdefrei, bevor ein weiterer Anfall folgt.

Wird die Gicht nicht oder nur unzureichend behandelt, kommt es im Lauf der Zeit zur chronischen Gicht: Sie äußert sich durch dauerhafte Gelenkentzündungen, Schmerzen in Ruhe und in Bewegung, und Gelenkumbildungen bis hin zu dauerhaften Schäden an Organen (z. B. „Gichtniere“); lagern sich die Harnsäurekristalle im Gewebe ab, spricht man von „Gichttophi“. In den Harnleitern können sich Harnsteine bilden.

Normale und erhöhte Werte

Die Harnsäurekonzentration im Blutserum ist abhängig von Alter und Geschlecht. Sie sollte bei Frauen unter 6 Milligramm pro Deziliter liegen, bei Männern unter 7 Milligramm pro Deziliter. Liegen die Werte darüber, spricht man von Hyperurikämie.

Wenn Ihr Arzt Sie medikamentös gegen Gicht behandelt, wird er versuchen, den Wert im Blut unter die jeweiligen Normwerte zu senken.

Was tun bei Gicht?

Wichtig ist, den erhöhten Harnsäurespiegel im Blut zu senken, um weitere akute Gichtanfälle und dauerhafte Folgeschäden an Organen und Gelenken zu vermeiden.

Mit einer gesunden Ernährung können Sie bei Gicht viel bewirken. Das Gebot der Stunde lautet: Purinarm essen! Purine finden sich vor allem in Fleisch, Innereien und Wurst, in Fisch und Krustentieren, aber auch in Hülsenfrüchten, Spinat und Spargel. Es gibt spezielle Tabellen für Gichtpatienten, die Sie über Ihren behandelnden Arzt oder eine Ernährungsberatung erhalten.

Bauen Sie Übergewicht ab, sodass Ihr BMI unter 25 liegt, allein damit senken Sie schon Ihren Harnsäurespiegel im Blut. Alkohol – vor allem Bier und Hochprozentiges – gilt es zu meiden. All diese Maßnahmen bewirken, dass sich Ihr Stoffwechsel eher mit dem Harnsäureabbau beschäftigt. Dafür ist es wichtig, dass Sie Ihrem Körper genug Flüssigkeit zuführen: täglich rund zwei Liter Wasser oder ungesüßten Tee. Damit kann Ihr Körper die Harnsäure besser ausscheiden.

Fasten ist kontraproduktiv

So gesund eine Fastenkur auch ist – bei Gicht ist Fasten mit Vorsicht anzugehen. Denn durch den Abbau von Körperzellen steigt der Harnsäurespiegel stark an. Außerdem bildet der Körper vermehrt sogenannte Ketone, die verhindern, dass die Harnsäure ausgeschieden wird. Reduzieren Sie Ihr Gewicht also lieber langsam und dafür dauerhaft.

Häufig führt eine Umstellung der Ernährung bereits zu einem Harnsäurewert im Blut, der keine weiteren Maßnahmen erforderlich macht. Trotzdem sollten Sie bei einem akuten Gichtanfall zum Arzt gehen. Er wird Ihr Blut untersuchen und entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Behandlung medikamentös zu begleiten.

Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Leiden Sie an einem akuten Gichtanfall, werden Ihnen schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente verschrieben, sogenannte Antiphlogistika wie etwa Ibuprofen oder Diclofenac; bei stärkeren Schmerzen zusätzlich Colchicin oder kortisonhaltige Medikamente wie etwa Prednisolon. Diese sind entweder als Spray oder Salbe lokal aufzutragen oder Sie nehmen sie in Tablettenform ein.

Zur dauerhaften Therapie erhalten Sie entweder Medikamente, die die Bildung von Harnsäure hemmen (Urikostatika wie beispielsweise Allopurinol), oder solche, die die Ausscheidung von Harnsäure über die Niere fördern (Urikosurika wie beispielsweise Benzbromaron oder Probenecid).  

Acetylsalicylsäure meiden   

Nehmen Sie als Schmerzmittel gegen Gicht keine Medikamente ein, die den Wirkstoff Acetylsalicylsäure enthalten! Es hemmt die Ausscheidung der Harnsäure über die Nieren und kann im schlimmsten Fall sogar einen Gichtanfall auslösen.

Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten – mit einer gut behandelten Gicht können Sie so gut wie beschwerdefrei leben. Wichtig ist, dass Sie Ihren Harnsäurewert im Blut regelmäßig kontrollieren lassen und sich ausgewogen ernähren, sprich: üppige Schlemm- und Alkoholorgien vermeiden – Ihr Körper wird es Ihnen danken!