„Ach du meine Güte, ich habe Osteoporose!“ Das sagen rund acht Millionen Menschen in Deutschland – davon jede dritte Frau über 65. Der Knochenschwund, wie die Osteoporose auch heißt, ist zu einer Volkskrankheit geworden – denn inzwischen zählt sie laut WHO zu den zehn häufigsten Erkrankungen weltweit. Aber wie entsteht Osteoporose? Kann ich dem Knochenschwund vorbeugen? Und was tu ich, wenn ich daran erkrankt bin? Viele Fragen – einige Antworten darauf finden Sie hier.
Osteoporose ist eine chronische Stoffwechselerkrankung des Knochens, bei der das Gleichgewicht zwischen Knochenabbau und Knochenneubildung gestört ist. Das führt dazu, dass über die Jahre mehr Knochenmasse abgebaut als neu aufgebaut wird; der Knochen wird dadurch porös und instabil. Man nennt die Krankheit daher auch Knochenschwund.
Osteoporose leitet sich von zwei altgriechischen Wörtern ab: ostéon für „Knochen“ und poros für „Pore“. Durch den Entzug wichtiger Mineralien schwindet der Knochen zunehmend, wird porös und dadurch instabil; daher steigt bei Osteoporose das Risiko von Knochenbrüchen.
Die 206 Knochen unseres Skeletts sind keine statischen Gebilde. Sie werden ständig auf-, ab- und umgebaut. Dafür sind verschiedene Zellen zuständig: Knochenfresszellen, sogenannte Osteoklasten, bauen Knochensubstanz ab, gleichzeitig erneuern knochenaufbauende Zellen, die Osteoblasten, die Knochen wieder. So bleiben die Knochen über die Jahre gesund und stabil.
Dazu brauchen sie jedoch einiges an Material und „Helfern“, vor allem Kalzium und Eiweiß, aber auch Vitamin D, Hormone und Spurenelemente. Ist dieses sensible Gleichgewicht gestört, leidet zunächst der Knochen, später dann auch der Mensch unter dem Mangel.
Im Laufe eines Jahres werden bis zu 15 Prozent Ihrer Knochenmasse ab- und wieder aufgebaut. Rein rechnerisch gesehen sind wir daher knochentechnisch alle sieben Jahre wie neu.
Neben dem Kalzium besteht der Knochen überwiegend aus Eiweißfäden, dem Kollagen. Das Vitamin D nimmt das Kalzium aus dem Darm auf und transportiert es zu den Knochen. Über das Hormon Calcitonin wird das Kalzium in die Knochen eingebaut. Das Parathormon löst Kalzium aus den Knochen heraus, wenn es anderswo im Stoffwechsel benötigt wird.
Ein sensibles Gleichgewicht, das dafür sorgt, dass unser Skelettsystem wachsen und sich neuen Anforderungen anpassen kann. So wird aber auch altes Knochengewebe entfernt oder kleinere Schäden innerhalb der Knochen werden behoben – ohne dass wir etwas davon merken.
Wussten Sie, dass im Knochensystem eines gesunden Erwachsenen rund 1,5 Kilogramm Kalzium verarbeitet sind? Das von unserem Körper mit der Nahrung aufgenommene Kalzium wird zu über 90 Prozent in den Knochen verarbeitet, den Rest braucht der Körper für Herz, Blutkreislauf und die Muskeln.
Knochenschwund entsteht, wenn im Lauf des Lebens das Wechselspiel zwischen dem Abbau und dem Aufbau des Knoches nicht mehr gut funktioniert. Entweder wird zu wenig neue Knochensubstanz gebildet oder zu viel Knochenmasse abgebaut; beides führt dazu, dass sich entweder die Knochenmasse verringert oder sich dessen Qualität ändert; sprich der Knochen wird porös, weniger stabil und damit bruchanfällig.
Unser Skelettsystem besteht aus zwei verschiedenen Arten von Knochen: An Armen und Beinen etwa haben wir hohle Röhrenknochen, an Wirbeln oder Oberschenkelhals sogenannte spongiöse Knochen, die innen schwammartig aufgebaut sind. Die spongiösen Knochen werden schneller abgebaut, da sie eine größere Oberfläche haben; daher kommt es bei Osteoporose auch häufig zu Wirbeleinbrüchen oder einem Oberschenkelhalsbruch.
Man unterscheidet zwei Formen der Osteoporose. Bei der mit 95 Prozent am häufigsten vorkommenden primären Osteoporose wird zu viel Knochenmasse abgebaut, der Knochen wird dadurch porös und instabil. Primärer Knochenschwund kann genetisch bedingt sein und tritt vor allem bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr im Bereich der Wirbelsäule (Typ I) und bei alten Menschen am kompletten Skelettsystem auf (Typ II). Bei der eher seltenen sekundären Osteoporose wird der Knochenschwund durch andere Krankheiten ausgelöst, etwa durch Diabetes oder Schilddrüsenunterfunktion. Medikamente wie Kortison, die über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, können Osteoporose auslösen. Auch Immobilisation durch dauerhaftes Liegen kann zu Knochenschwund führen.
Warum aber gerät das Gleichgewicht aus dem Lot? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zunächst einmal gibt es äußere Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, die aber bestimmen, wie dicht unsere Knochen sind. Nordeuropäer und Nordamerikaner haben die niedrigste, Afrikaner und Südamerikaner die höchste Knochenmasse. Mit zunehmendem Alter nimmt unsere Knochenmasse automatisch ab – das fängt schon etwa mit 35 Jahren an! Frauen haben ein größeres Risiko, während der Wechseljahre an Osteoporose zu erkranken; auch Schwangerschaft und Stillen haben einen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko.
Zu 80 Prozent sind es Frauen, die an Osteoporose erkranken, vor allem in den Wechseljahren. Ab 70 Jahren erhöht sich aber auch der Anteil der Männer, die an Knochenschwund leiden. Jährlich kommen mehr als 800 000 Fälle in Deutschland dazu.
Darüber hinaus gibt es einige Faktoren, die einen Knochenabbau eher begünstigen. Dazu gehören primär eine kalziumarme Ernährung und ein bewegungsarmer und ungesunder Lebensstil:
Durch kalziumarme Ernährung reduzieren wir langfristig unsere Knochendichte, da das Kalzium aus den Knochen herausgelöst wird, um dem Körper anderweitig zur Verfügung zu stehen. Wer sich generell lieber auf der Couch aufhält als sich zu bewegen, verhindert die Reizübertragung vom Muskel auf die Knochen und hemmt damit ebenfalls den Knochenstoffwechsel.
Rauchen erhöht das Osteoporoserisiko um ein Vielfaches, da das Nikotin die knochenaufbauenden Zellen und die Knochendurchblutung hemmt. Übermäßiger oder dauerhafter Alkoholkonsum stört unter anderem die Kalziumaufnahme in den Knochen. Auch extremes Untergewicht oder unprofessionell durchgeführte Fastenkuren können Osteoporose auslösen. In diesen Fällen hat der Körper zu wenig Baumaterial zur Verfügung, um die Knochenmasse gesund zu erhalten. In der Folge werden Kalzium und andere Stoffe aus den Knochen herausgelöst, um Muskeltätigkeit oder Herz-Kreislauf-System am Leben zu erhalten – und der Knochen verliert an Substanz.
Manche Medikamente fördern – dauerhaft eingenommen – den Knochenabbau. Man nennt sie daher auch „Knochenräuber“. Dazu gehören etwa Kortison, Blutverdünner sowie Mittel gegen Depression.
Das Fatale ist: zunächst gar nicht. Osteoporose schleicht sich heimlich in unser Leben. Die Knochen bauen sich über Jahre ab, ohne dass Sie Beschwerden haben. Oft wird ein Knochenschwund nur durch Zufall im Zuge einer anderen Erkrankung festgestellt oder erst dann erkannt, wenn sich die Krankheit durch Schmerzen oder spontane Knochenbrüche bemerkbar macht.
Leiden Sie häufig an akuten oder immer wiederkehrenden Rückenschmerzen? Haben Sie das Gefühl, Sie sind in den letzten Jahren geschrumpft? Kriegen Sie langsam einen Rundrücken? Hatten Sie in letzter Zeit einen Knochenbruch, über den Sie sich gewundert haben? Lassen Sie das auf jeden Fall ärztlich abklären. Hautfalten zwischen Rippen und Flanken („Tannenbaumphänomen“) oder das klassische „Osteoporosebäuchlein“ lassen auf die Krankheit im fortgeschrittenen Stadium schließen.
Osteoporose kann familiär gehäuft auftreten. Wenn Sie wissen möchten, ob Sie ein erhöhtes Risiko haben, später an Osteoporose zu erkranken, können Sie das vom Arzt abklären lassen. Es gibt spezielle Risikotests, die Ihr Arzt mit Ihnen durchführen kann. Dabei werden unter anderem folgende Fragen geklärt:
Zusammen mit einer körperlichen Untersuchung, Labortests und nicht zuletzt der Messung der Knochendichte kann der Arzt Ihnen mitteilen, ob Sie zur Risikogruppe zählen oder bereits an Osteoporose erkrankt sind.
Um die Knochendichte zu messen, gibt es verschiedene Methoden; am besten eignet sich die sogenannte Knochendichtemessung, auch Osteodensitometrie, DXA oder DEXA-Messung genannt. Dabei werden niedrig dosierte Röntgenstrahlen unterschiedlicher Intensität durch Lendenwirbelsäule oder Hüfte geschickt und daraus der sogenannte T-Score ermittelt.
Er sagt aus, ob jemand gesunde Knochen hat, an einer Vorstufe der Osteoporose leidet oder bereits Knochenschwund hat. Der T-Score eines knochengesunden jungen Erwachsenen beträgt mehr als –1. Bei einem Menschen, der zwar noch keine Symptome hat, bei dem aber bereits Knochenabbau stattfindet, hat einen T-Score zwischen –1 und –2,5. Menschen mit Osteoporose haben einen T-Score von weniger als –2,5.
Ganz einfach: Indem Sie bereits in jungen Jahren anfangen, sich ausgewogen und knochengesund zu ernähren und sich ausreichend zu bewegen. Diese beiden Pfeiler sind bereits die halbe Miete, denn dadurch sammelt sich eine hohe Knochenmasse an, von der Sie später zehren können. Verzicht auf einen übermäßigen Nikotin- und Alkoholgenuss und ein normales Gewicht tun ihr Übriges, um Ihre Knochen gesund zu erhalten.
In jungen Jahren kann man seine Knochenmasse bis zur maximalen Knochendichte, der sogenannten „peak bone mass“ auffüllen. Danach geht es schon wieder bergab. Für gesunde Knochen ist es daher wichtig, dass bereits Kinder und Jugendliche sich ausreichend bewegen und ausgewogen ernähren. Denn damit füllen sie sozusagen ihr Knochenkonto auf, von dem sie später zehren können. Das ist wie Zinsen auf dem Konto!
Sie haben die Diagnose Knochenschwund? Die gute Nachricht: Sie brauchen nicht zu verzweifeln. Im Frühstadium ist Osteoporose heilbar. Und es gibt viele Möglichkeiten, zumindest den weiteren Knochenabbau zu verlangsamen oder ganz zu stoppen. Einiges werden Sie allerdings dafür an Ihrem Lebensstil, sprich Ihren Ernährungsgewohnheiten und auch Ihrer körperlichen Betätigung ändern müssen.
Ernährung: Wichtig ist es, dass Sie sich knochengesund ernähren. Dazu gehören zunächst eine kalzium- und Vitamin-D-reiche Kost. Kalzium ist vor allem in Milchprodukten, aber auch vielen Gemüsen oder Nüssen enthalten. Vitamin D ist in Fleisch, Fisch und Leber, aber auch in Pilzen zu finden. Damit unser Körper Vitamin D bilden kann, braucht er aber Sonnenlicht; das heißt jeden Tag bei Tageslicht mindestens zehn Minuten ins Freie, im Winter am besten mittags!
Ernähren Sie sich ausgeglichen und vitaminreich. Alkohol, Nikotin und Koffein sind zu meiden, Zucker und Salz, Fett und Phosphat (etwa in Wurst, Schmelzkäse oder Cola enthalten) so weit wie möglich zu reduzieren, ebenso Oxalsäure (in Rhabarber, Spinat oder Schokolade zu finden). Achten Sie auf ein ausgeglichenes Säure-Basen-Verhältnis – das tut übrigens nicht nur Ihren Knochen, sondern Ihrem ganzen Körper gut!
Bewegung: Insbesondere Kraftsport (z. B. mit Hanteln oder an Geräten) oder Sportarten, die die Bildung von Muskelmasse anregen oder direkt durch Stoßkräfte den Knochenstoffwechsel anregen, sind geeignet Knochenmasse aufzubauen. Dazu zählen auch viele Ballsportarten, wie Fußball, Tennis, Volleyball, etc.
Lassen Sie den Fahrstuhl mal links liegen und nehmen Sie die Treppe! Fahren Sie mit dem Rad in die Arbeit. Gehen Sie ein paarmal auf Ihre Zehenspitzen, während Sie an der Kasse anstehen. Nach dem Motto: Immer schön in Bewegung bleiben!
Sind die Knochen durch Osteoporose schon geschwächt, sind hingegen Sportarten, die nur leichte Druck- und Zugkräfte auf die Knochen ausüben besser geeignet, zum Beispiel Wandern in leichtem Gelände oder Radfahren. Lassen Sie sich am besten dazu von Ihrem Arzt oder Physiotherapeuten beraten.
Vergessen Sie den Spaßfaktor nicht! Denn dranbleiben ist das A und O.
Medikamente: Je nachdem, wie stark der Knochenschwund ausgeprägt ist, wird Ihnen Ihr Arzt verschiedene Medikamente verschreiben. Zunächst ist es wichtig, Ihren Kalzium- und Vitamin-D-Haushalt aufrechtzuerhalten, meist ist das heutzutage ein Kombipräparat. Bei Schmerzen helfen verschiedene Wirkstoffe von Acetylsalicylsäure bis Morphin. Gegen den fortgeschrittenen Knochenabbau haben sich die sogenannten Biphosphonate bewährt.
Ihr Arzt wird mit Ihnen einen Stufenplan erarbeiten. Wichtig ist es, dass Sie ihm mitteilen, was Sie sonst noch für Medikamente einnehmen, denn manchmal gibt es hier Unverträglichkeiten, etwa bei Schlafmitteln, Blutdrucksenkern oder Psychopharmaka.
Vermeiden Sie Stürze. Tragen Sie bequeme Schuhe ohne Absätze. Entfernen Sie Stolperfallen wie Teppichläufer aus Ihrer Wohnung; besser eignen sich rutschfeste Böden. Bringen Sie Geländer an Treppen an sowie Haltegriffe in Bad und Dusche. Kabel und andere Hindernisse auf dem Boden sind tabu.
Gehen Sie aufrecht und vermeiden Sie Schotterwege oder steiles Gelände. Überhaupt ist es wichtig, dass Sie lernen, knochenschonend aufzustehen, zu tragen oder Dinge aufzuheben. Das alles bespricht Ihr Arzt mit Ihnen.
Doch passiert? Wenn Sie sich einen Knochen gebrochen haben, ist es für die Heilung eventuell sinnvoll, eine Weile auf Ihre Osteoporosemedikamente zu verzichten, da sie die Knochenheilung verlangsamen. Oder Sie gehen in eine Spezialklinik für Osteoporose.
Ganz wichtig: Verlieren Sie nicht den Mut! Man kann mit Osteoporose gut leben. Es bedeutet lediglich, sich mit den Tatsachen anzufreunden und sich an andere Gegebenheiten anzupassen.